zur Erinnerung
30 Jahre Deutsche Einheit, Zeit für eine Zwischenbilanz

Nachgefragt

So sehe ich das!

Heute antwortet: Harro Zimmermann, 76, aus Berlin

Welche Begriffe verbinden Sie mit der DDR?
Heimat. Hervorragende Schul- und Berufsausbildung. Interessante Freizeitgestaltung.

Was hat Ihr Leben bis 1989 geprägt?
Eine ausgezeichnete Tätigkeit beim DDR-Rundfunk und der DEFA.

Wie verbrachten Sie damals Ihre Freizeit?
Da mein Interesse beim Film lag, gründete ich Berlins einzigen Kinder- und Jugendfilmklub "Jocki Findig".
Mit unserem bunten Kinderprogramm "Spaß mit Clown Beppo" waren wir 20 Jahre lang zu Gast in Kinos und Kulturstätten quer durch die DDR.

Welchen Beruf haben Sie gelernt?
Erlernt habe ich den Beruf "Studioassistent Ton" beim DDR-Rundfunk. Ich habe dort im Sendebereich und im Musikaufnahmebereich gearbeitet und bin dann als Tonmeister zum DEFA-Dokumentarfilmstudio gegangen.

Wovon träumten Sie zur DDR-Zeit?
Von einem friedlichen und ehrlichen Staat.

Wo waren Sie, als Sie vom Mauerfall erfuhren?
Ich war beider Filmpremiere des DEFA-Streifens "Coming out" im Kino International.

Welche Meinung hatten Sie zur Wiedervereinigung? Und welche haben Sie heute?
Mit der Wiedervereinigung verband ich einige gute Vorstellungen, wurde aber im Laufe der Zeit enttäuscht.
Die Wiedervereinigung entwickelte sich immer mehr zu einer Vereinnahmung des Ostens durch den Westen.

Wie ging es nach 1990 beruflich für Sie weiter?
Nach der Wende wurde das DEFA -Studio für Dokumentarfilme aufgelöst und 1992 vom Münchner Medienkonzern Kirch- Gruppe übernommen, der einige Mitarbeiter übernahm. Am 1. Januar 2005 erhielten wir dann alle die Kündigung.

Wohin verreisen Sie gern?
Ich liebe die Ostsee, Rügen und Usedom. Ich war auch im Harz, in Thüringen und im Erzgebirge.
Bedingt durch den Filmklub war ich häufig in Prag und Gottwaldov (heute Zlin).

Was ist in den zurückliegenden 30 Jahren aus Ihrer Sicht gut, was schlecht gelaufen?
Gut ist die Reisefreiheit. Aber hat man immer das Geld dafür, wegen der ständigen Preiserhöhungen?
Ein absoluter Missgriff war die Treuhand, die viele Betriebe und Institutionen in der DDR kaputtgemacht und damit die Arbeitslosigkeit gefördert hat.

Was wünschen Sie sich?
Gesundheit und dass es ein Staat wird, der für die Menschen da ist. Wie heißt es doch?
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Alles nur Rederei und Augenwischerei der Politiker.
Wäre ich 30 Jahre jünger, würde ich das Land verlassen, in dem auch die Kriminalität zunimmt.

Wen (oder was) hätten Sie ohne die Wende nie kennengelernt?
Die Schwester meiner Oma, die in Prenzlau geboren wurde, aber in den 1960er-Jahren nach Lüneburg zog. Nach der Wende hab ich sie besucht, denn Lüneburg war interessant für mich. Ich kannte es aus dem Geografieunterricht, weil es dort Salzvorkommen gab, außerdem kannte ich die Gegend aus dem Fernsehen. Zudem hatte ich losen Kontakt zum dortigen Schwimmverband.


© infos-sachsen / letzte Änderung: - 22.01.2023 - 11:08